Reverse Engineering durch Ionenstrahlätzen

Ein zentraler Punkt bei der Herstellung von integrierten Schaltkreisen (engl. integrated circuits; IC) auf Waferebene ist die Offenlegung der IC-Strukturen durch das sogenannten Reverse Engineering (RE). Ziel ist, die bestehenden Strukturen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, Fehleranalysen durchzuführen und für Forschungszwecke freizulegen. Der RE-Prozess umfasst dabei vier Hauptschritte:

  • Entkapselung zur Offenlegung interner Komponenten des Chips und Prüfung von Strukturen, Verbindungen sowie weiterer Merkmale
  • Schichtabbau mittels destruktiver Schicht-für-Schicht-Analyse des Chips zur Betrachtung jeder einzelnen Metallschicht, Passivierungsschicht und anderer aktiver Schichten
  • Bildgebung, typischerweise durch REM, TEM oder SCM
  • Nachbearbeitung zur funktionalen Analyse und Identifikation des Chips

 

Warum Ionenstrahlätzen?


Modernes Chipdesign treibt die Herstellung von immer kleineren und leistungsfähigeren Bauteilen mit maximaler Leistungsdichte voran. Daraus ergeben sich steigende Anforderungen an noch präzisere und homogenere Methoden zum Schichtabtrag. Die Dimensionen solcher Chips liegen mittlerweile in einem Bereich, in dem etablierte Verfahren zum Schichtabtrag wie nasschemisches Ätzen, chemisch-mechanisches Polieren (CMP) oder Plasmaätzen unverhältnismäßig preisintensiv, fehleranfällig und nur eingeschränkt anwendbar sind. Modernes Reverse Engineering benötigt ein höchstes Maß an Genauigkeit, um sowohl µm- und nm-Größenbereiche als auch einige wenige Atomlagen von verschiedensten Materialien homogen bearbeiten zu können.

Um diesen strengen Anforderungen zu begegnen, eignet sich der Einsatz von Ionenstrahlätzen für den Abtragsprozess. Dabei erfolgt ein aktiver Ionenbeschuss des Substrats durch Reaktiv- und Inertgasionen, der das Material chemisch und physikalisch von der Oberfläche ätzt.

Um möglichst flache und homogene Oberflächen im jeweiligen Größenbereich zu erzeugen, müssen die Ätzrate, die Selektivität und ein einheitlicher Abtrag präzise aufeinander abgestimmt werden. Die Selektivität zwischen verschiedenen zu ätzenden Materialien kann über die Auswahl der Gaszusammensetzung sowie des Einfallswinkels vom Ionenstrahl realisiert werden. Weitere Einflussfaktoren sind die präzise einstellbare Ionenstrahldichte und -energie.

Der Einsatz einer Heliumrückseitenkühlung sorgt für einen effizienten Wärmeabtransport vom Substrat und somit für geringe Substrattemperaturen, was eine Prozessierung von temperatursensitiven Materialien ermöglicht. Zusätzlich kann durch die Nutzung von Endpunkt-Detektionssystemen wie optische Emissionsspektroskopie (OES) bzw. Sekundärionen-Massenspektrometrie (SIMS) eine präzise Messung der Beschaffenheit des gesputterten Materials gewährleistet und damit eine genaue Definition von Ätzstopps (vor, nach oder innerhalb einer bestimmten Schicht) vorgenommen werden. Die Empfindlichkeit der Detektionssysteme eignet sich für das Ätzen von sub-nm dünnen Schichten.

 

Beispiel: Schichtabbau bei einem IC-Chip


Ein typischer Abtragprozess zur Charakterisierung eines Chips kann anhand der Abbildungen 2 und 3 nachvollzogen werden. In Abbildung 2 werden die Ätzstopps gezeigt, bei denen der Prozess zur Bildaufnahme und Analyse der jeweiligen Schicht unterbrochen werden soll. Der Ätzverlauf wird über eine optisches Emissionsspektrometer aufgezeichnet (siehe Abbildung 3), welches dem Kupfer zugehörige spektrale Linien identifiziert und als Trendverlauf nachverfolgt. Endpunkte wurden an den Minima der Kupfer-Trendlinien gesetzt, um jede Schicht mittels REM zu analysieren. Jede Kupferschicht kann im OES-Signal anhand eines OES-Peaks nachvollzogen werden.

Im Gegensatz zu gängigen Methoden des Schichtabtrags verhindert das Ionenstrahlätzen invasive Nebeneffekte, die zu einer Veränderung abzutragender Schichten führen oder die Integrität nachgelagerter Messungen nachhaltig beeinflussen könnten. Darüber hinaus vermeidet der Prozess typische Problematiken, die zu einer Veränderung der ursprünglichen Schichten führen können, wie Restkontamination, Schichtbeschädigung und -korrosion sowie das Eindringen von Flüssigkeiten in tiefere Schichtlagen und den ungewollten Wärme- und Strahlungseintrag. Dies macht Ionenstrahlätzen zur Methode der Wahl, wenn es um hochauflösenden und homogenen Schichtabtrag mit geringer Beschädigung zum Reverse Engineering geht.

 

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