Optimierte Bearbeitung von Siliziumwafern für "Athena", das neue Röntgenobservatorium der ESA

Mit dem Projekt „Athena“ wird die Europäische Weltraumorganisation ESA das größte jemals gebaute Röntgenteleskop ins All schicken. Für das Ziel, tiefer ins Universum zu blicken als alle bisherigen Missionen, musste eine neue Art von Optik entwickelt werden. scia Systems, ein Hightech-Unternehmen mit Sitz in Chemnitz, liefert die entscheidende Technologie zur Herstellung dieser Optik.

Eine der derzeit umfangreichsten Missionen der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) ist das größte jemals gebaute Weltraum­röntgenteleskop: Athena, das Advanced Telescope for High-ENergy Astrophysics. Diese Mission ist die zweite "große" Mission (L2) im Rahmen des ESA-Programms "Cosmic Vision“ mit dem Schwerpunkt "Heißes und energiereiches Universum". Das Ziel der Mission ist die Untersuchung der heißesten und energiereichsten Phäno­mene im Universum mit größerer Genauigkeit und Intensität als je zuvor. Es wird sich mit Schlüssel­fragen der Astrophysik befassen, darunter: Wie und warum setzt sich gewöhnliche Materie zu Galaxien zusammen? Wie wachsen und entwickeln sich schwarze Löcher und wie beeinflussen sie ihre Umgebung? Nach umfangreichen industriellen Studien und signifikanten parallelen Technologie­entwicklungs­anstrengungen in Phase A trat das Projekt Mitte 2020 in Phase B1 ein, nachdem es die Überprüfung der Missions­formulierung erfolgreich bestanden hatte. Die Entwicklungen im Zusammenhang mit den kritischen Grundlagen­technologien werden bis zur Missions­überprüfung (Mission Adoption Review, MAR) und anschließend bis zur Phase C für die Herstellung des Flugmoduls fortgesetzt.

Die Athena-Mission erfordert eine neue Spiegeltechnologie, um die Röntgenstrahlen zu sammeln und zu bündeln. Der Spiegel muss größer, leichter und genauer sein als diejenigen früherer Missionen. Also musste eine neue Technologie erfunden werden: Silizium-Poren-Optik (SPO). Das nieder­ländische Unternehmen cosine entwickelte in Zusammenarbeit mit der ESA die SPO-Technologie. Damit wird eine wesentlich höhere Leistung als mit den etablierten Röntgenspiegeltechnologien erreicht und die Winkelauflösung ist bei gegebener Masse und effektiver Fläche um mehr als eine Größen­ordnung besser. cosine ist weltweit führend bei der Herstellung dieser neuartigen Hoch­energie­optiken und wird die SPOs als Abbildungsoptik für die Athena-Mission liefern.

Ein wichtiger Beitrag zur weiteren Verbesserung des SPO-Produktionsverfahrens für die Athena-Optik wird durch die Einführung des Ionenstrahl­polierens (Ion Beam Figuring, IBF) erzielt. Dabei handelt es sich um ein berührungsloses Hochvakuum­verfahren und eine spezielle Form des Ionenstrahlätzens. Ein fokussierter breiter Strahl positiv geladener Ionen fährt über die Substrat­oberfläche und ätzt das Material durch Ionenbeschuss physikalisch ab. Durch die Steuerung der Verweilzeit an einer be­stimmten Stelle ist es möglich, den Materialabtrag an jeder einzelnen Position des Substrats genau einzu­stellen. Dies ermöglicht die Korrektur von Schichtdicken-Inhomogenitäten und das Ätzen bis zu einer einheitlichen Waferdicke mit einer Gesamt­tiefen­auflösung im einstelligen Nanometer­bereich.

Die hohen Anforderungen an die Athena-Optik erfordern eine äußerst geringe Gesamt­dicken­variation (TTV) und einen spezifischen Höhen­gradienten der Silizium-Spiegelplatten. scia Systems, ein deutscher Hersteller für Ionenstrahl- und Plasmaanlagen, kann die erforderlichen Verbesserungen durch Ionenstrahlpolieren der 300 mm Silizium-Wafern mit dem scia Trim 300 System erreichen. Da Athena fast hunderttausend dieser eng gepackten Spiegelplatten benötigt, ist ein hoher Durchsatz bei der Waferverarbeitung erforderlich. Die scia Trim 300 ist mit einem Handling-Roboter für die Kassetten­beladung ausgestattet, so dass bis zu 50 Wafer automatisch nacheinander verarbeitet werden können, ohne dass der Benutzer eingreifen muss.

Auf Wunsch der ESA wurde bei der Firma cosine eine IBF-Anlage vom Typ scia Trim 300 installiert, mit der 300-mm-Wafer bearbeitet werden können. cosine ist damit das erste Unternehmen weltweit, das in der Lage ist, 300-mm-Wafer voll­automatisch mit Ionenstrahlpolieren zu bearbeiten.

scia Systems freut sich, cosine mit der scia Trim 300 ein zuverlässiges System für die anspruchs­vollen Anforderungen der Athena-Mission, aber auch für andere kommende Röntgen­missionen, geliefert zu haben. Neben diesen speziellen optischen Einsatz­gebieten ist das die scia Trim 300 auch für Anwendungen in der MEMS-Fertigung geeignet. Weitere Informationen zum System und möglichen weiteren Anwendungs­bereichen finden Sie hier: www.scia-systems.com/trim-300.

 

Ionenstrahlpolieren (Ion Beam Figuring, IBF) ist eine Form des Ionenstrahltrimmens, die auf optischen Substraten angewendet wird. Bei der Polierfehlerkorrektur scannt der fokussierte Ionenstrahl mäanderförmig über die Substratoberfläche. Durch Anpassung der lokalen Verweilzeit werden kleinste Oberflächenformfehler auf gebogenen Substraten korrigiert.

Über scia Systems

scia Systems ist ein Anbieter von fortschrittlichen Plasma- und Ionenstrahl­technologien für die ultra­präzise Oberflächenbearbeitung. Seit 2013 entwickelt die Firma Anlagen für die Bearbeitung von Mikroelektronik, Optiken für die Weltraumforschung und biomedizinische Anwendungen.

scia Systems ist Weltmarktführer in der Ionenstrahl-Trimmtechnologie. Das bekannteste System, die scia Trim 200, wird weltweit für die Herstellung von Hochfrequenzfiltern in der Mobilkommunikation eingesetzt. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Chemnitz, arbeitet mit Partnern in Europa, Nordamerika und im asiatisch-pazifischen Raum zusammen.

Mehr Informationen über scia Systems finden Sie unter www.scia-systems.com


Über cosine

Seit 1999 entwickelt und liefert cosine innovative Messlösungen für Raumfahrt- und Industrie­anwendungen. Am Hauptsitz in Sassenheim, Niederlande, verfügt cosine über 1.000 qm Reinräume und High-Tech-Montageeinrichtungen, um die für Kunden entwickelten Systeme zu fertigen und zu testen. Der Geschäftsbereich High Energy Optics von cosine ist weltweit führend in der Entwicklung und Anwendung von Röntgensystemen. Er kombiniert und nutzt das Wissen über Halbleiterprozesse, Silizium, Glas und Massenproduktion, um leichte, hochauflösende Röntgenoptiken zu entwickeln und zu produzieren. Die Anwendungsgebiete reichen von weltraumgestützten astrophysikalischen Applikationen bis hin zu medizinischen, Halbleiter- und Materialanalysesystemen.

Weitere Informationen über cosine finden Sie unter cosine.nl.